2. Porträt: Rehwild
Ab sofort erscheinen hier wöchentlich Kurzporträts von wildlebenden, heimischen Tieren. Die dazugehörigen Fotos wurden von einem Hochsitz im Naturschutzgebiet „Huntloser Moor“ in der Gemeinde Großenkneten gemacht.
Nach Ostern wird es Zeit genauer beim Rehwild hinzuschauen. Ein junger Bock ist auch für ein ungeübtes Auge leicht zu erkennen, eine hochtragende Ricke könnte man vielleicht mit einem nicht trächtigen „Schmalreh“ verwechseln. Noch Fragen?
Mit dem Naturfreund unterwegs
Der Kreisnaturschutzbeauftragte Max Hunger nimmt uns mit in „sein“ Revier. Vom Hochsitz im Naturschutzgebiet „Huntloser Moor“ hat er die Tiere fotografiert und stellt sie in kurzen Porträts vor.
Das Naturschutzgebiet liegt in der Gemeinde Großenkneten, zwischen den Ortschaften Huntlosen und Großenkneten, hat eine Größe von ca. 150 ha, war früher ein Moor, was sich aber in den letzten Jahrzehnten zu einem reinen Birken-Erlenwald entwickelt hat.
Das Rehwild (lat. Capreolus capreolus)
Rehwild ist bei uns weit verbreitet, dringt sogar bis in Stadtrandgebiete vor. Im Winter auch tagsüber von Weitem sichtbar, da es sich im Spätherbst mit vielen Artgenossen zu kleinen Rudeln von mehr als 10 Individuen (Jägersprache: „Sprünge“) zusammenfindet, um gemeinsam zu fressen (Jägersprache: „äsen“). Das spart Energie: Während 2 erhobenen Hauptes nach Fressfeinden Ausschau halten und dann ggf. durch Alarm Fluchtverhalten auslösen, kann der Rest der „Truppe“ in aller Ruhe fressen.
Bock oder Ricke?
Ein weibliches Reh wird als Ricke bezeichnet, wenn es 2 Jahre und älter ist. Ein junges weibliches Reh, das im Vorjahr zur Welt kam, ist ein sogenanntes „Schmalreh“ und davor ein Rickenkitz. Die männlichen Rehe haben zwei mehr oder weniger kurze Stangen zwischen ihren Ohren (Jägersprache: „Lauscher“) und heißen Böcke. Im ersten Jahr Kitzbock, nach einem Jahr Jährling (wie im unteren Bild).
Diese zwei könnte man als weiblich ansprechen, wenn sie nicht diese beiden Erhöhungen vorne am Kopf hätten, aus denen das Gehörn herauswächst. Neben dem Gehörn gibt es aber noch weitere Unterscheidungsmerkmale, die leider hier nicht zu sehen sind. Zwischen den Hinterbeinen könnte man den „Pinsel“ (= Schamhaare) erkennen (s. Foto unten) bzw. von hinten die Form des „Spiegels“ (helle Flecken am Oberschenkel). Mit „Schürze“ (Haarbüschel am weiblichen Geschlechtsteil) ist es eine Ricke, ohne, ein Bock!
Fortpflanzung und Rehkitze!
Das Rehwild hat im Juli/August seine Fortpflanzungszeit, dann sind die Böcke damit beschäftigt, ihr Revier zu markieren bzw. zu verteidigen. Zeit zum Fressen bleibt da wenig. Wenn die Begattung stattgefunden hat, teilt sich die befruchtete Eizelle mehrfach und begibt sich dann in eine Art Ruhezustand („Eiruhe“), erst ab Mitte Dezember geht die Teilung weiter. Sehr sinnvoll, weil mit einer Tragzeit von 5 Monaten werden die Zwillinge dann im Mai geboren.
Zur Geburt sucht die Ricke hohes Gras auf, wo ihre Kitze den Tag über auf sie warten und auch bei Gefahr (in den ersten Tagen) nicht weglaufen. Dieses Verhalten wird ihnen gelegentlich zum Verhängnis. Da Landwirte und Jäger aber am Abend vor der Mahd mit Hunden die Flächen absuchen oder am frühen Morgen den Bereich mit Drohne und Wärmebildkamera abfliegen, können fast alle Kitze vor dem Mähtod bewahrt werden.
Im Normalfall bringen Ricken immer zwei Kitze zur Welt. Man sieht aber auch einige, die nur ein Kitz führen, das Zweite ist vielleicht bei der Geburt gestorben oder von einem Beutegreifer gefressen worden. In seltenen Fällen hat die Ricke aber auch 3 Kitze wie auf dem folgenden Foto, das aus größerer Entfernung aufgenommen wurde (leider qualitativ nicht optimal).